Lackschadenfreie Ausbeultechnik – Urteil des OLG Karlsruhe
Erstmalig hat sich mit dem OLG Karlsruhe ein Gericht mit der sogenannten lackschadenfreien Ausbeultechnik bei Hagel-/Kastanien und Parkbeulen befasst. Der Entscheidung des OLG Karlsruhe vom 21. 08. 2003 lag die Reparatur einer Delle in einer Tür durch einen Kfz-Betrieb zugrunde, der diese Reparatur in herkömmlicher Weise ausgeführt hatte.
Die Versicherung vertrat die Auffassung, dass der Schaden auch durch die sogenannte lackschadenfreie Ausbeultechnik hätte durchgeführt werden können. Der Geschädigte hatte im Verfahren vorgetragen, dass die lackschadenfreie Ausbeultechnik nicht zu einer hundertprozentigen Schadenbeseitigung führen würde.
Mit Hilfe eines Gerichtssachverständigen hat sich das OLG Karlsruhe sehr eingehend mit der technischen Qualität der lackschadenfreien Ausbeultechnik befasst. Das Gericht übernimmt die Auffassung des Sachverständigen, dass diese Technik bereits seit den neunziger Jahren eingesetzt ist und heute zweifelsfrei dem Stand der Technik entsprechen würde. Als Argument wurde vorgetragen, dass diese Reparaturmethode von den Fahrzeugherstellern selbst entwickelt worden sei, um kleine Beschädigungen beim Fertigungsprozess von Neufahrzeugen vor der Auslieferung zu beseitigen. In Anbetracht der Größe der Delle von ca. 1,5 cm2 sei diese lackschadenfreie Instandsetzungsmethode ohne weiteres anwendbar, selbst wenn nicht auszuschließen sei, dass mit dem bloßen Auge nicht sichtbare Haarrisse entstehen könnten. Auch bei einer konventionellen Reparatur seien entsprechende Schäden nicht gänzlich auszuschließen.
Das Gericht vertritt nun die Auffassung, dass bei gleichwertigen Reparaturmethoden eine Verpflichtung besteht, die kostengünstigere Reparaturmethode zu wählen.
Hieraus ergeben sich sowohl für den Kfz-Sachverständigen, wie auch für den Kfz-Reparaturbetrieb Konsequenzen. Der Kfz-Sachverständige ist gehalten, bei der Festlegung des Reparaturweges bei gleichwertigen Reparaturmethoden die kostengünstige Reparaturmethode zu wählen, falls diese dem Stand der Technik entspricht. Der Kfz-Reparaturbetrieb muss in gleicher Weise seinen Kunden auch auf die Möglichkeit der kostengünstigeren Reparatur hinweisen.
Die Entscheidung des OLG Karlsruhe darf jedoch nicht so interpretiert werden, dass nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall grundsätzlich eine Billigreparatur vorzunehmen ist. Vielmehr ist entscheidend die Beantwortung der Frage, ob mit der gewählten Reparatur eine hundertprozentige Schadenbeseitigung erreicht werden kann. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass die Reparaturtechnik auch dem Stand der Technik entspricht und nicht nur ausnahmsweise in wenigen spezialisierten Werkstätten angeboten wird.
Quelle: Bundesverband der freiberuflichen und unabhängigen Sachverständigen für das Kraftfahrzeugwesen e.V. -BVSK-